Adventsgefühle in der Zwischensaison
Die Adventszeit im Heimeli ist immer etwas ganz Besonderes. Sie beginnt, zumindest für mich, nicht wie überall sonst, Ende November / Anfang Dezember, sondern kurz nach Beendigung der Sommersaison, wenn das Haus für kurze Zeit mir ganz allein gehört. Dann liegt eine magische Ruhe über dem Sapün und ich begebe mich in den Dekomode.
Das Strelastübli verwandle ich in eine kleine Weihnachtswerkstatt. Kisten mit unzähligen Dekostücken warten darauf, neu arrangiert zu werden, manche gehören schon seit Jahrzehnten zu mir, andere haben sich erst dieses Jahr dazugesellt, weil ein Teil von mir immer glaubt, dass es für unsere Gäste jedes Jahr auch noch etwas Neues braucht.
Ich probiere aus, arrangiere, rücke Laternen, Sterne und Kerzen hin und her. Einen Tee in der Hand und immer in Bewegung, einen Schritt zurück, «passt es so? Oder wäre es schöner, wenn die Lichterkette doch an einen anderen Platz wandert?» So vergehen ein paar Tage zwischen Dekorieren, Begutachten, Verändern, kleinen Pausen und mit etwas Glück sogar einer Nachmittagswanderung kombiniert mit einem Gleitschirmflug. Zwischendurch widme ich mich aber Arbeiten die es eigentlich nicht gibt, Arbeiten, die niemand sieht, aber doch zum Heimeli gehören: Alte Holzgefässe wässern, versteckte Winkel putzen, Anleitungen für unsere Mitarbeitenden aktualisieren und laminieren. Und dann wieder ein paar Sterne hier, ein paar Sterne dort, solange, bis ein Hauch Advent in jedem Raum angekommen ist, selbst in den Toiletten.
Gegen Mitternacht zieht es mich jeweils in die Leseecke, meinen persönlichen Sternenschlafplatz, immer wenn ich mein einziger Heimeli-Gast bin. Von hier aus sehe ich den Himmel. Ich warte auf Sternschnuppen, verinnerliche mehr als einen einzigen Wunsch, für den Fall, dass es plötzlich Sternschnuppen regnen würde, und warte dankbar, darüber, hier oben in meinem kleinen Paradies sein zu dürfen, auf die erste Sternschnuppe. Sie sorgt für so viel Entspannung, dass ich beruhigt und viel schneller als erwartet einschlafe. Was ich mir gewünscht habe? Das darf ich natürlich nicht verraten, oder eben erst, wenn mein Wunsch tatsächlich in Erfüllung gegangen ist.
Noch vor Tagesanbruch bin ich wieder wach. Feuer im Kachelofen anmachen, einen Espresso geniessen, auf der Terrasse zwei-, dreimal tief durchatmen, das bringt mir persönlich mehr als eine Stunde Meditation - und danach motiviert in den Tag starten. Wieder an der Arbeit höre ich, wie ab und zu ein Fensterladen an die Fassade klopft. Der Föhn ist da, im Gegensatz zu Fläsch, ein eher seltener Gast hier oben. Es ist, als würde er mir zeigen, dass selbst an den ruhigen Tagen unser Tal lebt.
Während der Mittagspause, an diesem herrlichen Föhntag, an der wärmenden Sonne auf der Terrasse, fühlt es sich an, als wäre der Winter noch noch in weiter Ferne. Da fällt mir ein: Ich habe vergessen, bei meinen Sternschnuppenwünschen, den Wunsch um Schnee für die Saisoneröffnung zu manifestieren.
Nicht so schlimm, denke ich, ich werde einfach Frau Holle bitten, spätestens Ende November über dem Heimeli ihre Kissen auszuschütteln – für den perfekten Adventszauber. Und wenn es nicht klappt? Drinnen in unseren Stüblis ist es auf jeden Fall schon richtig weihnächtlich.
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